Aktuelles

Prävention ist Sache der sozialpädagogischen Fanarbeit und nicht der Justiz

Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG)

Dass der Bundesgerichtshof (BGH) am 04. November 2021 dem Deutschen Fußballbund (DFB) in der Frage „Zur Haftung der Fußballvereine für das Verhalten ihrer Anhänger“ bezüglich seiner Verbandsstrafen und der Umsetzung des Verbandsrechts Recht gibt, damit konnte man rechnen. Die Begründung aber, die dem Urteil zugrunde liegt ist aus Sicht professioneller Fanarbeit mindestens zu hinterfragen. „Geldstrafen als Prävention zu bezeichnen und damit ihre Wirkungen auf Vereine und Fans zu erklären, ist nur schwer nachvollziehbar“, kommentiert die Sprecherin der BAG der Fanprojekte Sophia Gerschel das Urteil des BGH.

„Die Begründung, dass diese Geldstrafen keine Strafen sind, sondern als Prävention verstanden werden sollen, können wir als Vertreter*innen der Fanarbeit nicht nachvollziehen“, so die Fanprojekte-Sprecherin weiter. Es werden vom DFB-Sportgericht Strafen ausgesprochen, die von den Vereinen getragen werden müssen. So kommt die gängige Praxis in der Sportgerichtsbarkeit zumindest bei Fans und Vereinsvertreter*innen an. Diese Art und Weise des Verbandsrechts führt in der Realität nicht dazu, dass dadurch mehr konstruktive Kommunikation und Austausch zwischen Fans und Vereinen stattfindet. Viel mehr werden hier „Schuldige“ gesucht und Verantwortung übertragen. Prävention findet vor den Spielen, unter der Woche, während der Spiele im Dialog mit den Fans, der professionellen Fanarbeit und den Vereinen statt. Hier werden Beziehungen und Vertrauen aufgebaut, die dazu führen, dass präventiv mit Fans, Verein und auch anderen Institutionen gearbeitet werden kann. Dem entgegenstehend suchen Vereine inzwischen nach Wegen, die „Geldstrafen“ an Fans und Einzelpersonen weiterzureichen. Strafen, die im Verhältnis zu Vereinen in ihrer Höhe ausgesprochen werden und dann, ohne Anpassung an die Verhältnisse, auf Einzelpersonen umgelegt werden. Diese Bestrebungen unterminieren jedwede präventive Wirkung von Sanktionen. Dabei gehen Vereine in keinen konstruktiven Dialog mit Fans, sondern setzen den bestehenden Austausch mit den Fans aufs Spiel und gehen die Gefahr ein, die Kommunikationsstrukturen damit zu schwächen.

Eine weitere fehlgehende Argumentation des Gerichts bezieht sich auf die Sicherheitsvorkehrungen. Vereine müssen schon jetzt unzählige sicherheitsrelevante Maßnahmen umsetzen, um am Spielbetrieb teilnehmen zu können. Immer mit der Konsequenz, dass Fans weiter eingeschränkt und intensiver überprüft werden! Egal ob am Einlass, bei Tickets, mit Kameraüberwachung uvm. Zu begründen, dass Geldstrafen präventiv Vereine dazu animieren, noch mehr Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, lässt alle Bemühungen und bestehenden Konzepte unbeachtet und die Konsequenzen dieser Maßnahmen für alle Zuschauer*innen außer Acht. Geldstrafen sind Strafen. Die präventive Wirkung von Strafen auf zukünftiges Verhalten ist nachweislich fraglich. Prävention setzt vor dem Verhalten an und arbeitet mit Aufklärung, Sensibilisierung und Kommunikation. Strafe kommuniziert nicht, Strafe verurteilt. Genauso wie Geldstrafen die Vereine verurteilt und zukünftige Prävention durch den finanziellen Aufwand sogar verhindern kann, weil die Vereine Geld in Strafen investieren müssen und für die präventive Arbeit nicht mehr aufwenden können.

„Unabhängig des getroffenen Urteils sind wir, die BAG der Fanprojekte, nach wie vor der Ansicht, dass Dialog, Austausch, Wertschätzung und Wahrnehmung der Interessen von Fußballfans nach wie vor die grundlegende Aufgabe der Vereine, der professionellen Fanarbeit und der Verbände ist. Prävention findet vor, während und nach den Spielen, in einem langfristigen Austausch und entsprechender Beziehungsarbeit statt, unabhängig von Strafen oder eventuellem Fehlverhalten, so die Vertreterin der Fanprojekte.

Jugendaktionstag Reclaim Your Streets – Jugend hat Recht(e)

Anfang September fand zum 7. Mal der Jugendaktionstag „reclaim your streets – die Stadt gehört auch uns“ statt. Das Projekt, welches auf die Lebensrealtitäten von jungen Menschen im öffentlichen Raum in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock aufmerksam machen möchte, wurde durch unterschiedliche Akteure wie dem Rostocker Stadtjugendring e.V., Amt für Jugend, Soziales und Asyl und uns durchgeführt.

Das Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung auf öffentlichen Plätzen rückt junge Menschen in unserer Stadt weiterhin verstärkt ins gesellschaftliche Abseits und erschwert durchaus eine lebendige Jugendkultur. Gerade sie brauchen Plätze und Freiräume, um selbstbestimmt ihre Freizeit verbringen zu können. Kinder und Jugendliche haben ihre eigene Sprache, Ausdrucksweisen und eine Vielzahl von Subkulturen, die oft missverstanden werden oder denen mit Ablehnung begegnet wird. Mit verschiedenen Aktionen wurde genau darauf aufmerksam gemacht. Eben auch manchmal laut und bunt!

Der Aktionstag hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig es ist, dass Kindern und Jugendlichen Gehör geschenkt wird und auf die Bedürfnisse Einfluss genommen werden muss. Wir bedanken uns bei allen Akteur*innen für die tolle Vorbereitung und Durchführung des Tages!

Bewegte Zeiten für die Fansozialarbeit – 27. Jahrestagung der BAG der Fanprojekte

Unter dem Titel „Fußball ist immer noch wichtig – Bewegte Zeiten für die Fansozialarbeit“ fand vom 7. bis 9. September die 27. Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in Mainz statt. Nach mehr als zweieinhalb Jahren war es die erste Fachtagung der bundesweit organisierten Fanprojekte, die wieder stattfinden konnte.

Neben Katharina Binz, Ministerin für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz, nahmen Fachkräfte aus den Fanprojekten und weitere geladene Gäste aus den Bereichen Fanorganisationen, Fußball, Politik oder auch der Polizei an der Eröffnungsveranstaltung teil.  Das Podiumsgespräch zum Tagungsthema machte deutlich, welchen Herausforderungen sich Jugendliche und junge Heranwachsende Fußballfans stellen müssen. So berichtete die Präsidentin der Psychotherapeut*innen-Kammer Rheinland-Pfalz, Sabine Maur, dass während der Kontaktbeschränkungen für Jugendliche und junge Erwachsene Prozesse, die in der Jugend prägend sind und identitätsbildende Erfahrungen einfach wegfielen. Nachteile durch die Pandemie hätten vor allem finanziell schlechter Gestellte und Jugendliche, die über wenig Ressourcen verfügen, erfahren. Dies äußerte sich durch ein höheres Aufkommen an depressiven Stimmungen und Essstörungen und auch der Medienkonsum stieg bei 14- bis 23jährigen stark an. Hierauf habe die Politik zu wenig geachtet. Viele hätten die Anpassungsleistungen, die die Pandemie erforderte, nicht leisten können.

Auch für die Fanprojekte war eine schnelle Anpassung an die neue Situation unausweichlich. Alle Teilnehmer*innen haben auf die verschiedenen Herausforderungen für Fans, Fanarbeit, Hilfebedürftige und Systeme hingewiesen. Die sozialpädagogische Fanarbeit, die normalerweise von Begegnung und persönlichen Kontakten lebt, musste in kurzer Zeit Wege finden, Fußballfans und deren Anliegen neu, aber ohne direkte Nähe, zu begleiten und zu unterstützen. Jana Spengler, Leiterin des Fanprojekt Darmstadt, betont in diesem Zusammenhang: „Die grundsätzliche Flexibilität der Fanprojekte und ihrer pädagogischen Arbeit machten Angebote und Unterstützung für Fußballfans in diesen Zeiten und auch zukünftig möglich.“ Die Orientierung der Fanprojekte an den Bedürfnissen junger Menschen hat und wird auch weiterhin dazu beitragen, die Interessen der Fußballfans in den neuen Rahmenbedingungen wahrzunehmen und zu begleiten, gemeinsam im Netzwerk zu diskutieren und letztendlich auch die eigenen Arbeitsansätze und Methoden weiterzuentwickeln.

Auf der dreitägigen Jahrestagung haben die Mitarbeiter*innen der Fanprojekte die Arbeit in den zurückliegenden Monaten und Jahren u.a. in zehn Workshops reflektiert und über zukünftige Herausforderungen gesprochen. Die Tagung endete am dritten Tag mit der Mitgliederversammlung, in der Sophia Gerschel (Fanprojekt Karlsruhe) und Christian Keppler (Fanprojekt Jena) erneut das Vertrauen als Bundessprecher*in für ihre nun dritte Amtsperiode erhielten.

Die Tagung hat deutlich gezeigt: Ja, der Fußball ist immer noch wichtig und die Soziale Arbeit mit Fußballfans damit auch! Nicht nur während der Pandemie hat sich die Arbeit der Fanprojekte auf neue Gegebenheiten eingestellt und bewährt. Ein wichtiger Erfolgsfaktor bleibt damit das langfristige, stabile und Spielklassen unabhängige Bekenntnis aller Förderer zur weltweit einmaligen Idee „Fanprojekte nach dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit“.

Sophia Gerschel/Christian Keppler
BAG Sprecher*innen

Das Theaterstück „Aufspüren ∙ Jagen ∙ Entsorgen – Die Sprache der Neuen Rechten“

Wir möchten auf das online übertragene Theaterstück „Aufspüren ∙ Jagen ∙ Entsorgen – Die Sprache der Neuen Rechten“ hinweisen und euch zum gemeinsamen Gucken ins Fanprojekt einladen. Das komplette Textmaterial ist ein Sammelsurium an Aussagen der Neuen Rechten – mit Ausnahme eines Heinrich Heine-Zitates! Bei Interesse meldet euch einfach bei uns vorab.

Dienstag, den 31. August / 17 Uhr Beginn der Aufführung

Jugendaktionstag – Jugend hat auch Recht(e)

Am 3. September heißt es wieder: „Reclaim Your Streets!“ Von 14 bis 20 Uhr findet unter dem Motto „Jugend hat Recht(e)“ u.a. eine Diskussionsrunde über Jugendstrafrecht und Jugend im öffentlichen Raum statt. Außerdem erwarten euch eine Street-Streetanlage, Graffiti Workshop, live Musik sowie der Möglichkeit einer Teilnahme an der bundesweiten U18 Wahl.

Vortrag und Diskussion: „Wie Hund und Katz“

Am Dienstag den 13. Juli (18 Uhr) laden wir euch zusammen mit Soziale Bilung e.V. zum Themenabend in den Freigarten des Peter-Weiss-Haus mit Christoph Ruf ein. Neben des Vortrages wird es im Anschluss auch Platz und Raum zur Diskussion geben.

„Doch während beide Seiten Grund hätten, sich kritisch zu hinterfragen, scheint die öffentliche Meinung stets auf Seiten der Polizei zu sein – eine Tatsache, die manche Politiker nutzen, um sich mit Law-and-Order-Parolen zu profilieren.“

Hierbei werden auch folgende Themen mit angesprochen:
– Fußballfans als Experimentierfeld für Großeinsätze
– Landespolizeigesetze
– fehlende demokratische Öffentlichkeit etc.

Eintritt ist frei!